AUSSTELLUNGEN

Seit 16. September 2015 sind ein ganze Reihe meiner Bilder
in den Räumen der allgemeinmedizinischen Arztpraxis Gerhard Mund ausgestellt.


In der Muslen 40
78054 VS-Schwenningen

Ein Ausstellungsbesuch ist während der Sprechzeiten möglich oder auf Anmeldung über meine Kontaktseite

Sprechzeiten
Einladung_zur_Ausstellungseroeffnung


Einführungsrede von Harald Giersch

Liebe Gäste, Liebe Freundinnen und Freunde der Kunst,
ich begrüße Sie ganz herzlich zu dieser Bilderausstellung von Monika Heidger und ich finde es äußerst passend, dass diese Ausstellung in den Räumen einer Arztpraxis stattfindet. Warum finde ich das passend? Weil Kunst in unserer heutigen Zeit etwas mit Heilung zu tun haben sollte.

Nun wird diese eben gemachte Bemerkung wahrscheinlich bei einigen von Ihnen Kopfschütteln auslösen.
Und ich kann dieses Kopfschütteln gut verstehen, denn Kunst ist doch frei und wie kann man ihr da einen Heilungsauftrag aufbürden?
Andererseits ist sicher jeder von uns schon einmal voller Erwartung in eine Ausstellung moderner Kunst gegangen und man kam hinterher enttäuscht, betrogen, gekränkt wieder heraus - um nicht zu sagen verarscht -jedenfalls nicht aufgebaut oder geheilt. Wenn man von der "Klassischen Moderne" absieht, die am Beginn des 20. Jahrhunderts noch von den ästhetischen Maßstäben einer älteren Tradition beeinflusst war, so ist nach 1945 (Ende des Zweiten Weltkriegs) die überwältigende Anzahl der Werke moderner Kunst eher kränkend als heilend.

Mit anderen Worten: Die moderne Kunst (Malerei) nutzt ihre Freiheit eher um zerstörerisch anstatt aufbauend zu wirken. Und die betreffenden Künstler sind auch noch stolz darauf, weil sie sich eine Ehrlichkeit zugutehalten die eben schonungslos ist. Man kann vereinfachend sagen: Große Teile der modernen Kunst sind kränkend, weil die Produzenten selbst gekränkt sind, das heißt sie sind nicht im seelischen Gleichgewicht.
Ich werfe einer großen Zahl heute arbeitender Künstler vor, dass sie zu wenig darüber nachdenken, warum sie überhaupt solche Machwerke in die Welt setzen und den Mitmenschen das auch noch zumuten.

Die Hauptmotive, warum jemand malt, reichen in der Regel vom egoistisch-instinktiven Schaffenstrieb = dass es einem persönlich also Spaß macht, über die egoistische Eitelkeit = dass man jemand ganz besonderes wäre, also berühmt werden will, bis zu dem egoistischen Motiv = dass man damit Geld machen kann.

Ich erinnere nur an die beschämend teuren Preise für Dinge, die in spätestens zehn Jahren auf dem Sperrmüll landen werden. Das alles ist aber gemessen an dem wahren Auftrag heutiger Kunst, nämlich heilsam wirken zu sollen, ziemlich daneben.

Wie ist das eigentlich gekommen, dass die meisten Künstler und mit ihnen die Kunst so kränkend, so abstrakt, so oberflächlich geworden ist? Die hier gezeigten Bilder und Plastiken schätze ich anders ein. Bevor ich aber zu dem hier gezeigten komme, will ich dieser Frage kurz nachgehen, um Ihr Verständnis und Ihren Blick dafür zu schärfen, dass hier ein anderer als der oben kritisierte Ansatz vorliegt.

Jetzt also holzschnittartig durch die Kunstgeschichte:
Die gesamte ältere Kunst steht in Verbindung mit Religion, das heißt in Verbindung mit den Göttern und mit Gottesverehrung. Je weiter Sie in der Kunstgeschichte zurückgehen, umso deutlicher wird das. Gehen Sie zurück bis zu den Ägyptern, zu den Griechen. Noch im Mittelalter diente die Malerei nur der Darstellung biblischer Motive.

Erst seit dem 14.Jahrhundert, also seit der Renaissance, wendet sich das künstlerische Interesse der Außenwelt zu und das parallel zur Entwicklung der Naturwissenschaften. Neben christlich-religiöse Themen kommen dazu jetzt auch: die antike Mythologie, die Portrait-Malerei, das Stillleben, die Architektur-Malerei, die Landschaft, die Historien-Malerei, um nur die gröbsten Ordnungen zu nennen.

Dabei entwickeln die Maler den Ehrgeiz, immer naturalistischer und realistischer zu werden. Das erreicht im 19. Jahrhundert mit Adolf von Menzel seinen Höhepunkt.

Aber der eigentliche Knall in der Geschichte der Malerei, der nach meinem Urteil immer zu wenig beachtet wird, passiert im Jahre 1826:
Da wird die camera obscura, die der Araber Al Hazen (965-1039) schon um das Jahr 1000 nach Christus beschrieben hatte, zusammengebracht mit der Entdeckung des deutschen Alchimisten Johann Heinrich Schulze (1687-1744). Der hatte entdeckt, dass Licht in der Lage ist, Silbernitrat zu schwärzen. Die Erfinder der Fotografie sind die Franzosen Joseph Nicephore Niepce (1765-1833) und sein Schüler Louis Jacques Mande Daguerre (1787-185 1).
Von 1826 an ist es immer besser möglich, Portraits, Personen, Personengruppen, historische Situationen, Architektur, Landschaft, Stillleben, Kuriositäten, alles vom mikroskopisch Kleinsten bis zu astronomischen Riesen-Darstellungen per Knopfdruck mechanisch festzuhalten. Und es kam bis heute dazu, dass man die Bilder in Bewegung setzen konnte, also der Film. Und in jüngster Zeit noch die Digitalisierung der Bilder.

Die Maler merkten zunächst nicht, dass ihnen hier der schärfste Konkurrent erwachsen war, den man sich denken kann. Zunächst machten sich die Maler diese Entdeckung selbst zu zunutze und es entstanden von da an immer mehr Kunstwerke, denen Fotos zugrunde liegen. Im weiteren Verlauf übernahm aber die Fotografie die gesamte Darstellung der physischen Außenwelt. Die Malerei wurde dafür überflüssig.

Der Vorteil ist: Dadurch wurde die Malerei befreit von ihrer Jahrhunderte alten Verpflichtung, die Außenwelt darzustellen. Kurz vor 1900 sind die Impressionisten die letzten, die das Flimmern des Lichtes auf der Außenoberfläche der Dinge darstellen.

Danach bricht die Oberfläche ein und es beginnt eine neue Epoche der Kunstgeschichte. (Erstes abstraktes Bild des litauischen Malers Cuirlionis 1904, Kandinsky 1910). Es geht von nun an um die Darstellung der innerseelischen Befindlichkeit der Künstler. Nehmen Sie alle "lsmen" Symbolismus, Surrealismus, Expressionismus, Kubismus usw.

Von nun an ist die Außenwelt nur noch die Anregung für ein innerseelisches Bild. Jedes Bild ist ein Spiegelbild der seelischen Verhältnisse des Produzenten. Und auch wenn behauptet wird, es gehe von nun an nur noch um die bild-immanenten Gesetze, das Bild sei ein eigenständiger Organismus, so betrügen sich sowohl die Maler als auch die Kunsthistoriker. Die bild-immanenten Gesetze sind ja nichts anderes als die nach außen gespiegelten Gesetze des menschlichen Seelenlebens. Und wenn das Seelenleben krank und chaotisch ist ?

Und nun muss ich Ihnen etwas Bedauerliches und Schreckliches mitteilen:
In diese anfängliche Geburtssituation einer neuen Kunstepoche, wo die Kunst beginnt, das menschliche Seelenleben zu reflektieren, passiert eine unerhörte Katastrophe, die auch bis heute nicht aufgehört hat: Ich meine eine Reihe von seelischen Verletzungen, die die Menschen sich selbst zugefügt haben und weiter zufügen. Ich zähle Ihnen kurz einiges auf, damit Sie wissen was ich meine: Die Urkatastrophe der Neuzeit, der 1. Weltkrieg bricht aus mit geschätzten 26 Millionen Täten. Es folgen die seelischen Verletzungen, die durch die großen Ideologien des 20. Jahrhunderts verursacht werden: Der Stalinismus mit seinem Archipel Gulag, der Kapitalismus, der durch Finanzspekulationen für anhaltendes soziales Elend sorgt, der Nationalsozialismus, mit seinen Konzentrations- und Vernichtungslagern, mit dem 2.Weltkrieg, mit Flucht und Vertreibung, mit dem Abwurf von Atombomben. Insgesamt geschätzte 60 Millionen Tote. Und seit 1945 bis heute endlose weitere Kriege und künstlich erzeugte Hungersnöte und Fluchtsituationen mit geschätzten 100 Millionen Toten.

Kennzeichen dieser gesamten Zeit ist, dass die Maschinentechnik zum Töten der Menschen durch Menschen angewendet wird. Wir leben im Zeitalter der Tötungs-Industrie. Wir als Menschen, die in dieser Zeit unterwegs waren und sind, sind mehr oder weniger alle, wenn nicht körperlich dann doch seelisch davon betroffen, wir sind alle verletzt und gekränkt, weil wir in den Folgen dieser Ereignisse stehen.

Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten damit umzugehen. Ich will aber hier nicht die verschiedenen Varianten der Verdrängungsmechanismen aufzählen. Jedenfalls hängt mit diesen Verdrängungsmöglichkeiten die beleidigende Oberflächlichkeit der heutigen Kunstszene zusammen.

In der Regel ist die gewöhnliche abstrakte Kunst nichts anderes als eine Flucht vor der Realität der Außenwelt, gepaart mit der Bequemlichkeit, sich nicht mehr mit der Außenwelt bildnerisch auseinandersetzen zu müssen. Während die Romantiker bei ihrer Flucht vor dem Industriezeitalter noch Naturschönheit und Lichtreflexe studierten, kann sich der "moderne" Künstler ganz und gar in seine Privat-Ideologie einspinnen, wo der Maßstab für Kunstschönheit keine Rolle mehr spielt und wo der Maßstab für krank oder gesund verloren gegangen ist. Der Stolz verschiedener Künstler, wenigstens "ehrlich" zu sein, ist angesichts irgendwelcher autistischen Produkte eher bemitleidenswert. Raffinierter ist da schon der Stolz, eine. kryptische Sprache zu entwickeln, eine Art Jägerlatein, das dem Betrachter erst erklärt werden muss, damit er die Hoffnung haben kann, das Kunstwerk überhaupt zu "verstehen". So kann man sich dann auf das hohe Ross des "Wissenden" und des "Sachverständigen' schwingen.

Es geht heute aber nicht mehr nur um eine Analyse der verfahrenen Kunst-Situation, oder um eine Analyse der Seelenlage der Menschheit. Sondern es geht heute bereits darum, darüber nachzudenken: Wie kommen wir da wieder heraus? Wie können wir seelisch wieder gesund werden?
Jetzt können Sie vielleicht besser ermessen, was ich zu Beginn damit gemeint habe, als ich sagte Der wahre Auftrag der Kunst sollte sein, eine heilsame Wirkung auszuüben.

Und damit bin ich bei den hier ausgestellten Bildern und Plastiken.
Es handelt sich bei diesen Werken um einen Querschnitt durch das Schaffen von Monika Heidger in den letzten Jahren. Die früheren Bilder Knüpfen an, wie das ganz normal ist für jeden, der sich auf den Weg der Kunst begibt, bei der Klassischen Moderne des 20.Jahrhunderts, wo immer noch aus der guten alten ästhetischen Tradition gezehrt wird. Das Betrifft z. B. das Stillleben, die Vegetations- oder Pflanzenbilder, das große Bild, wo die Farbe wie ein kraftvoller, energischer Befreiungsschlag in vertikalen Streifen zügig aufgetragen ist. Und dann noch die mehr musikalisch zu lesenden Farbkompositionen. Diese Bilder haben eine gute Qualität im Sinne der "Klassischen Moderne". Damit meine ich, dass sie neutral und freilassend sind. Jeder kann sich mit etwas Gutwilligkeit, ohne große Anstrengung auf sie einlassen.

Worauf ich aber speziell zu sprechen kommen möchte, das sind die mehr therapeutisch wirkenden Werke, die im Zusammenhang mit Monika Heidgers Kunst-Therapie-Praxis stehen: Die Bilder mit den horizontalen Streifen, dann die blauen, sich in Farbschichten verdichtenden Bilder und die linearen Flechtwerke, aber auch die plastischen Figuren aus Ton, Gips, Speckstein und Holz.

Wenn man heilen will, muss man über Gesundheit und Krankheit wenigstens ein allgemeines Grundprinzip kennen. Der Erste, der für uns bis heute Brauchbares über Krankheit und Heilung hinterlassen hat, ist der Grieche Aristoteles (384-322 vor Chr.). Krank ist man nach Aristoteles dann, wenn man aus der goldenen Mitte heraus gefallen ist. Das heißt, es gibt immer zwei Möglichkeiten aus dem mittleren Gleichgewicht zu fallen: nach rechts oder nach links. Und das kann mir passieren auf der körperlichen Ebene, dann werde ich physisch krank, auf der Ebene der Gefühle, dann werde ich psychisch krank; und auf der geistigen Ebene, dann beginne ich verworren zu denken.

Ich mache das der Einfachheit halber klar an der mittleren, der seelischen Ebene: In seiner Tugendlehre beschreibt Aristoteles, wie man aus der mittleren Tugendhaftigkeit, also der seelischen Gesundheit, nach zwei Seiten hin abirren kann, das heißt seelisch krank werden kann:
Nehmen Sie immer die in der Mitte stehende Tugend
Geiz                                 Sparsamkeit                      Verschwendung
Pedanterie                        Ordnungsliebe                 Liederlichkeit
Feigheit                             Mut                               Tollkühnheit
Gehässigkeit                       Freundlichkeit                Schmeichelhaftigkeit
Dummheit                          Klugheit                         Spitzfindigkeit
Hässlichkeit                         Schönheit                      Kitsch
Minderwertgefühl                Selbstachtung                Hochmut

 
Rudolf Steiner (1861-1925) greift diesen aus der Antike stammenden Gedanken der gesunden Mitte zwischen zwei Extremen, für physische Krankheiten auf, indem er auf der einen Seite hinweist auf die sogenannten kalten, wuchernden Geschwulst-Krankheiten (Krebs), auf der anderen Seite auf die heißen, fiebrigen Entzündungs-Prozesse.

Steiner ist es auch, der die Kunst als Therapiemöglichkeit vorantreibt: Bei vielen seelischen Krankheiten hilft es, wenn man in Ton knetet, wenn man in die Materie hinein bildet und wenn man dabei geometrische Grundformen nachbildet, wie man sie in der Natur findet. Dass das heilsam wirkt, hängt damit zusammen, dass wir als Menschen zur einen Hälfte aus der Natur stammen, von der wir uns im Laufe der Evolution entfernt haben, die aber die Grundlage unseres physischen Leibes ist.
Betrachten Sie in der Natur das Mineralreich. Es ist nach geometrischen Grundprinzipien geordnet.
Nehmen Sie die Kristallgesetze. Wenn ein Wassertropfen kristallisiert, dann immer nach dem sechsstrahligen Stern der Schneeflocke. Nehmen Sie die gesamten Kristallgitterstrukturen der chemischen Elemente. Oder nehmen Sie die strenge Zähligkeit der Pflanzenblüten. Oder die mathematischen Wachstums-Spiralen im Pflanzen- und im Tierreich. Bis hin zur Symmetrieachse, die wir ja selbst auch haben. Über den Goldenen Schnitt will ich mich jetzt nicht verbreitern. Soviel zu unserer körperlichen Herkunft.

Aber wir sind zur anderen Hälfte auch ein geistig-seelisches Wesen. Das kann man daran erkennen, dass wir die Gesetze in der Natur beobachten und uns zu Nutze machen können. Wenn wir uns klarmachen, dass die mathematisch-geometrischen Strukturen, die in die Materie eingeprägt sind, aus derselben geistigen Quelle stammen, aus der wir selbst kommen, dann liegt im Wiedererkennen und Nachbilden dieser kosmischen Ordnungsstrukturen, eine heilsame Wirkung, die uns unserem gesunden Ursprung wieder näher bringt. (Hier liegt auch die therapeutische Wirkung von Tanz und Musik).
Nun ist es vielleicht wichtig zu wissen: Eine vergleichbare heilsame, zur Mitte hin ordnende Wirkung, die ich beim Kneten in Ton habe, geht auch schon bei der BETRACHTUNG solcher geordneter Bilder und Objekte auf mich über. Es ist eine feinere, eine seelische Nahrungsaufnahme, wenn ich solche Ordnungsstrukturen betrachte.

Und jetzt komme ich zum Betrachten: Wenn ich ein Kunstwerk betrachte, dann mache ich eine kleine Anstrengung. Heilen geht nicht ohne eigene Anstrengung. Dann trage ich willentlich von mir etwas zu dem Kunstwerk hin. Nehmen Sie das Wort "betrachten". Dann ist das verwandt mit dem Wort "Tracht". Das ist der Honig, den die Bienen heimgetragen haben. Es steckt auch in unserem Wort "Truhe" oder "Trucht". Die Kiste in der der Goldschatz getragen wird. Oder nehmen Sie die Tracht Prügel die ich ertragen muss.

Wenn ich ein Bild "betrachte", was trage ich dann dem Bild entgegen? Ich trage dem Bild eine Frage entgegen. Die Frage heißt:
Kannst du mir etwas geben?
Kannst du mir in meinem nicht ganz in der Mitte befindlichen Zustand etwas geben, dass ich noch mehr in die Mitte komme?
Kannst du in mir ein Wohlgefühl auslösen?
Kannst du mich erfreuen?
Kannst du mir dauerhaft etwas geben, woran ich mich aufrichten kann?
Kannst du mir ein Gegengewicht bilden gegen meine einseitige Befangenheit?

Bist du von der Art, dass du mich dazu anregst, jeden Tag an dir weiter zu malen, wenn ich deine Linien verfolge?
Solche Bilder können ja vielleicht am Fußende des Bettes hängen, sodass mein Blick gleich nach dem Aufwachen am Morgen darauf fällt.
Ich wünsche Ihnen und mir ein anregendes Bilderbetrachten und bedanke mich für Ihre Geduld.